Sowohl bei hohen Außentemperaturen als auch bei körperlicher Betätigung versucht der Körper durch Schwitzen vermehrt Energie abzugeben, um den Organismus vor Überhitzung zu schützen. Die Regulation der Schweißproduktion wird von Anteilen des autonomen Nervensystems (das ist jener Teil des Nervensystems, das der willentlichen Beeinflussung entzogen ist) übernommen.
Ein Schweißkontrollzentrum zur Messung der aktuellen Körpertemperatur befindet sich im Hypothalamus (einem bestimmten Teil des Zwischenhirns, der Funktionen wie etwa Wärmeregulation, Blutdruck- u. Atmungsregulation, Wach- u. Schlafrhythmus, Nahrungsaufnahme, Fettstoffwechsel, Wasserhaushalt und Sexualfunktion koordiniert).
Dort stehen spezielle Nervenzellen zur Verfügung, die bei Erwärmung eine Aktivierung bestimmter sympathischer Nervenbahnen bewirken. In weiterer Folge regen sie über absteigende Nervenbahnen die Schweißdrüsen der Haut zur vermehrten Schweißproduktion an.
Neben Überhitzung und körperlicher Betätigung können auch psychische Faktoren (Angst, Erregung), Infektionskrankheiten (Fieber) und hormonelle Einflüsse schon unter physiologischen Bedingungen eine vermehrte Schweißproduktion bewirken.
Unter dem Begriff "Hyperhidrose" versteht man ein über das normale (physiologische) Ausmaß hinausgehende Schwitzen im Bereich eines unterschiedlich großen Hautareals.
Besteht eine erhöhte Schweißproduktion lediglich an einem kleinen umschriebenen Hautbezirk (z. B. Handflächen, Fußsohlen oder Achseln), spricht man von einer fokalen Hyperhidrose. Je nach betroffener Körperregion kann man auch von einer palmaren, plantaren und axillären Hyperhidrose (Handflächen, Fußsohlen und Achseln) sprechen.
Eine fokale Hyperhidrose stellt nicht nur ein ästhetisches Problem dar, sondern kann auch eine massive Beeinträchtigung der sozialen und beruflichen Situation nach sich ziehen. Feuchte Hände können in verschiedenen Berufen (z. B. Musiker, Elektriker, Uhrmacher) ein erhebliches berufliches Handicap darstellen und bei massiver Ausprägung einen Berufswechsel erfordern. Weiters erwecken nasse Hände bei vielen Menschen den Eindruck von Unsicherheit und Ängstlichkeit, sodass eine palmare Hyperhidrose - insbesondere bei allen Berufen, die mit häufigen Sozialkontakten und Händeschütteln einher gehen - ein erhebliches Problem darstellen kann. Aber auch Personen mit vermehrtem Achselschweiß und immer durchnässten Kleidungsstücken meiden soziale Kontakte, mit der Folge einer möglichen gesellschaftlichen Isolation. Menschen-ansammlungen werden gemieden und im Sommer werden weite dunkle Pullover getragen, um sichtbare Schweißflecken zu verbergen.
Bei einer generalisierten Hyperhidrose sind großflächigere Körperbereiche betroffen. Betroffene müssen häufig mehrmals täglich die Kleidung wechseln. Durch das Tragen durchnässter Hemden, Blusen etc. leiden die Betroffenen häufiger an grippalen Infekten.
Man unterscheidet primäre von sekundären Hyperhidrosen.
Bei den primären oder idiopathischen Hyperhidrosen kann keine bestimmte Ursache für die vermehrte Schweißproduktion gefunden werden. In diese Gruppe gehören auch die meisten fokalen Hyperhidrosen, die Handflächen, Fußsohlen und Achseln betreffen. Bei diesen Formen nimmt man an, dass das Schweißzentrum im Hypothalamus sensibler auf verschiedene Reize reagiert und dadurch schon frühzeitig - ohne thermoregulatorischer Notwendigkeit - zum Schwitzen anregt.
Weiters gibt es eine Reihe von internistischen und neurologischen Erkrankungen, bei denen die Hyperhidrose ein wichtiges Symptom darstellen kann. Manchmal stellt die Hyperhidrose für den Patienten das erste merkbare Symptom einer Erkrankung dar. In diesen Fällen spricht man von einer sekundären Hyperhidrose.
Folgende Auslöser können eine sekundäre Hyperhidrose nach sich ziehen:
Die Behandlung der Hyperhidrose gehört in die Hände eines mit diesem Problem vertrauten Arztes. Vor Behandlungsbeginn kann in manchen Fällen eine Durchuntersuchung notwendig sein, um sekundäre Formen einer Hyperhidrose auszuschließen. Wird eine sekundäre Hyperhidrose nachgewiesen, wird die Behandlung der Grundkrankheit auch eine Abnahme der Hyperhidrose bewirken.
Bei Patienten mit fokalen Hyperhidrosen von Handflächen, Fußsohlen und Achseln werden derzeit folgende Behandlungsstrategien angeboten:
In leichter ausgeprägten Fällen können verschiedene schweißhemmende Substanzen in Salbenform oder wässriger Lösung auf die betroffenen Hautareale aufgebracht werden. Dies führt meist nur vorübergehend zu einer Abnahme der Schweißproduktion.
Die besten Erfahrungen gibt es bei der Anwendung von Aluminiumchloridsalzen. Obwohl der genaue schweißhemmende Wirkmechanismus von Aluminium nicht bekannt ist, nimmt man an, dass Aluminium zu einer vorübergehenden Verstopfung der Schweißdrüsengänge führt. Allerdings kommt es nach wiederholter Behandlung nicht selten zu Unverträglichkeitsreaktionen der Haut, verbunden mit unangenehmem Juckreiz.
Verschiedene Medikamente wurden zur systemischen Behandlung der Hyperhidrose vorgeschlagen (z. B. Anticholinergika). Allerdings ist die schweißhemmende Wirkung auch meist von einer Reihe von unangenehmen Nebenwirkungen (Müdigkeit, Konzentrationslosigkeit, Blasen- und Mastdarmstörungen) begleitet. Eine Dauertherapie wird verständlicherweise von den meisten Patienten nicht toleriert. Vereinzelt können Patienten eine Einmaldosis eines Parasympatholyticums mit anticholinerger Wirkung (z. B. Bellanorm-Dragees) einsetzen, um zu einem bestimmten Anlass "schweißfrei" zu sein.
Bereits 1936 konnte gezeigt werden, dass in einem Wasserbad mit Hilfe eines Gleichstroms verschiedene Substanzen in die Haut von Handflächen und Fußsohlen eingebracht werden können. Dies bewirkt eine vorübergehende Schweißhemmung.
Im Rahmen der Iontophorese müssen Patienten zwei bis drei Mal pro Woche Handflächen oder Fußsohlen in ein Wasserbad für etwa 20 Minuten einbringen. Dieses Verfahren kann bei bis zu 80 Prozent der Patienten eine Besserung der palmaren und plantaren Hyperhidrose nach sich ziehen.
In den letzten Jahren konnte im Rahmen von kontrollierten Studien gezeigt werden, dass die Injektion von Botulinum-Toxin in die Haut zu einer deutlichen Besserung fokaler Hyperhidrosen führen kann.
Dabei werden kleinste Mengen von Botulinum-Toxin an mehreren Stellen direkt unter die Haut injiziert. Meist bemerkt man nach zwei bis drei Tagen eine deutliche Abnahme des Schwitzens. Kleidungsstücke zeigen keine Schweißflecken mehr, die Hände bleiben beim Arbeiten, Schreiben und bei Sozialkontakten trocken. Untersuchungen zeigen, dass neben der Abnahme der Schweißproduktion auch eine deutliche Besserung der Lebensqualität eintritt.
Die schweißblockende Wirkung hält meist 4 bis 6 Monate an, dann kommt es zu einer langsamen Abnahme der Wirkung, so dass eine Wiederholungsbehandlung nach 6 bis 12 Monaten notwendig wird.
Die Anwendung von Botulinum-Toxin Typ A ist vorerst nur für die Behandlung der axillären Hyperhidrose zugelassen. Darüber hinaus können von geschulten Anwendern auch andere fokale Hyperhidrosen behandelt werden, die auf andere Behandlungsstrategien nicht ansprechen und von einem hohen Leidensdruck begleitet werden. Großflächige Hyperhidrosen können meist nicht behandelt werden, da zu große Mengen von Botulinum-Toxin dafür notwendig wären.
Bei axillären Hyperhidrosen sind die Injektionen meist wenig schmerzhaft. Nebenwirkungen wurden bislang nicht beobachtet. Bei etwa 90 Prozent der Patienten kann mit dieser Behandlungsmethode ein sehr gutes Ergebnis erzielt werden.
Bei palmaren Hyperhidrosen sind meist 20 bis 30 Injektionsstellen pro Handfläche notwendig. Bei fokalen Hyperhidrosen der Handflächen sind die Injektionen meist schmerzhaft. Eine lokale Betäubung der die Hautareale versorgenden Nerven kann hier Hilfe bringen (Nervenblock). Als Nebenwirkung ist eine vorübergehende Muskelschwäche der kleinen Handmuskeln möglich.
Bei Patienten mit schweren Formen einer palmaren Hyperhidrose (der Hände) kann eine Durchtrennung des Sympathikus (Teil des autonomen Nervensystems, s. o.) überlegt werden. Bei ca. 90 Prozent der Betroffenen kann damit eine subjektive Besserung erreicht werden.
Allerdings kommt es neben den Operationsrisiken (Wundinfektion, Pneumothorax, bleibendes neurologisches Defizit, Interkostalneuralgie) einige Monate nach dem Eingriff bei einem Teil der Operierten zu einer kompensatorischen Hyperhidrose unterschiedlicher Ausprägung. Dies bedeutet, dass die Handflächen zwar trocken bleiben, aber große Teile des Stamms und der Beine eine meist ausgeprägte Hyperhidrose aufweisen.
Bei axillären Hyperhidrosen (der Achseln) kann durch eine Sympathektomie nur bei ca. 50 Prozent der Operierten eine Besserung der Hyperhidrose erreicht werden, sodass dieses Verfahren bei einer isolierten axillären Hyperhidrose nicht zu empfehlen ist.
Bei axillären Hyperhidrosen kann auch eine Entfernung des schweißdrüsentragenden Areals in der Achsel vorgenommen werden. Neben den üblichen Operationsrisiken kann es zu schmerzhafter Narbenbildung und nach einigen Jahren zu einem Wiederauftreten der Hyperhidrose durch Wiedereinwachsen von Nerven (Reinnervation) kommen.